Eine Feier planen (Projektmanagement / Job)

In einer NGO. Mona und ihre Kollegin Birgit bereiten das Einladungsplakat zum Sommerfest vor. Auch im Intranet soll eine Ankündigung erscheinen. Mit Birgit zusammenzuarbeiten ist für Mona leider eine Tortur. Und das ist noch eine Untertreibung. Mona schätzt zwar Birgits Sachverstand für ästhetische Fragen. Auf der anderen Seite ähnelt sie jedoch einer kleinen Diva. Manchmal auch einer großen. Was Mona konkret nervt: Birgit prescht meist sofort los mit ihren Ideen. Mona hat kaum die Chance, etwas mitzuentwickeln. Zudem ist Birgit stark fixiert auf das, was sie will. Selbst kleinste Abweichungen von ihrer Idealvorstellung kann sie nicht hinnehmen.

Hinzu kommt ihre Ausdrucksweise, wenn ihr etwas nicht passt. Gestern raunzte sie Mona an: »Kann man das nicht anders machen? Das sieht man doch, dass das nicht gut aussieht!« Bei solchen Sätzen kommt sich Mona einfach nur doof vor. Die Zusammenarbeit macht ihr aus all diesen Gründen keinen Spaß. Mona wünscht sich, sie hätte sich nie auf das Projekt mit Birgit eingelassen.

Wie würdest du dich mithilfe des Anti-Ärger-Modells in dieser Situation behaupten? Gehe ganzheitlich vor, indem du alle fünf Phasen des Modells Schritt für Schritt durchläufst:

  • Deeskalieren
  • Analysieren
  • Minimieren
  • Konfrontieren
  • Positionieren

Überlege zunächst selbstständig, wie du die fünf Phasen anwenden würdest. Auf der nächsten Seite kannst du prüfen, inwieweit du ähnlich vorgehen würdest wie ich. Du findest dort – exemplarisch für jede Phase – ein paar ausgewählte Lösungsansätze.


Phase 1: Deeskalieren

Mona spürt das Ärger-Angebot von Birgit. Sie hört dieses unpersönliche »man« – für sie eine klare Reizformulierung. Und sie nimmt Birgits aufgerissene Augen wahr und den Singsang in ihrer Stimme. Sie könnte jetzt sofort etwas sagen, aber sie weiß: Selten war ein reflexhaftes Wort günstig. Mona erinnert sich an ihre einzige Aufgabe in diesem heiklen Moment des Ärger-Angebots. Und die lautet: Bloß nicht verschlimmern! Nicht den Konflikt verstehen wollen, geschweige denn ihn weg haben wollen. Einfach nur nicht verschlimmern. Und so entscheidet sie sich für ein temporäres Schweigen, eine Sekunde lang, maximal zwei, und sie atmet dabei ganz tief und langsam, ohne dass Birgit dies wahrnehmen könnte. Währenddessen…

 

Phase 2: Analysieren

… macht sich Mona an die Ursachenforschung. Ihre stille Frage an sich selbst: Woran könnte sich der Konflikt entzündet haben? Mona erkennt, dass sie und Birgit eine unterschiedliche Zielvorstellung haben. Während Birgit will, dass der Titel oben mittig erscheint, möchte Mona ihn lieber oben linksbündig platzieren – beides geht nicht. Und ihr wird bewusst, dass zudem auch ein Rollenkonflikt vorliegt, denn Birgit meint, es sei ihre Aufgabe, die Farben auszuwählen, während sie meint, es sei eine gemeinsame Aufgabe.

 

Phase 3: Minimieren

Die Erkenntnis, wieso der Konflikt entstanden ist, beruhigt Mona bereits ein wenig. Doch der Ärger sitzt noch tief. Sie hält Birgit für egoistisch, und dieses Urteil plagt sie. Glücklicherweise erinnert sich Mona in diesem Moment an das Entwicklungsquadrat. Nach dieser Ärgerminimierungsstrategie war es doch so, dass hinter einer unerwünschten  Verhaltensweise (in diesem Fall: egoistisch), eine Kompetenz schlummern soll? Eine wünschenswerte Kompetenz, die aufgrund einer fehlenden Schwesterntugend sich ungehemmt entfalten und ein im Ergebnis unschönes Ausmaß einnehmen
konnte. Mona fragt sich also, was Birgit (im Kern) kann, was überoptimiert zu Egoismus werden konnte. Mona erkennt: Birgits egoistische, dominante Art fußt auf einem hohen Maß an Selbstsicherheit, Mut und Freiheit, was sie alles bewundert, wenn sie ehrlich zu sich selbst ist. Und sie muss sich eingestehen: Ihr eigenes Leben wäre deutlich schöner und erfolgreicher, wenn auch sie mehr Selbstsicherheit und Mut hätte – nicht so viel wie Birgit, denn Birgit hat in Monas Augen zu viel davon, aber ein Scheibchen, ein klitzekleines Scheibchen vom Selbstsicherheits- und Mut- und Freiheitskuchen würden Mona gut tun. Da sie das jetzt sehen kann, kann sie Birgits Zuviel davon besser ertragen. Durch diesen Perspektivwechsel wird Birgit vom Arsch (Du bist egoistisch) zum Arschengel (Ich lehne dein egoistisches Verhalten zwar weiterhin ab, aber ich gebe zu, dass ich die zugrunde liegende Selbstsicherheit bewundere). Und Monas Ärger über Birgit geht ein Stück zurück.

 

Phase 4: Konfrontieren 

Wenn nach Durchlaufen aller Ärgerminimierungsstrategien Restärger verbleibt, wird Mona erstmals im Außen aktiv. Bisher verlief ja alles im Innen. Die Aufgabe heißt jetzt: kommunizieren, um Grenzen zu setzen. Es liegt an Birgit, wie weit Mona hier geht. Vielleicht reicht schon das sachliche Aufklären, indem Mona etwa sagt: »Du hast mich gerade zum dritten Mal unterbrochen. Ich merke, dass mich das stört. Bitte lass mich aussprechen, ich fasse mich auch kurz.« Oder mithilfe einer Frage: »Bist du daran interessiert zu hören, welche Einwände ich habe?« Schlägt Birgit diesen Ansatz aus, wechselt Mona zur nächsten Konfrontations- beziehungsweise Eskalationsstufe, dem schlagfertigen Kontern. Und wenn bei Birgit auch das nicht wirkt, erlaubt sich Mona das nonverbale Irritieren.

 

Phase 5: Positionieren

Sollte Birgit mit keiner der drei Feedbackstrategien erreichbar sein, lässt Mona am Ende los. Sie kann sich für Akzeptanz entscheiden und sich innerlich sagen: So ist sie halt, die Birgit, ich habe alles versucht, sie will sich nicht ändern, ich kann das aushalten. Und im Extremfall kann Mona auch einfach gehen, indem sie sich verdünnisiert. Selbst wenn sie verbeamtet ist, niemand zwingt sie an einem Ort zu bleiben. Niemand kann Mona daran hindern, sich versetzen zu lassen oder zu kündigen, außer sie selbst. Am Ende ist Mona frei, das zu tun, was für sie selbst dauerhaft am günstigsten ist …