Konsequenz vs. Erpressung

Erpresst du noch oder konsequentierst du schon?



"Konsequenz" und "Erpressung" sind zwei Begriffe, die fast das gleiche meinen, bei genauerem Hinsehen sich aber wesentlich unterscheiden. Ich meine, es gibt genau drei Gemeinsamkeiten und drei Unterschiede. Und wie du sehen wirst, ist hinsichtlich der Beziehungspflege mit deinem Gegenüber eines der beiden Konzepte eindeutig im Vorteil ...


3 Gemeinsamkeiten

  • Beide Konzepte beschreiben die Folge bzw. das Resultat einer vorherigen Handlung oder Nicht-Handlung.

  • Es gibt eine zeitliche Kausalität bzw. einen "Wenn-dann-Zusammenhang": Wenn A passiert, tritt B ein.

  • In beiden Fällen hat mein Gegenüber (i.d.R.) eine Wahl, ob er mir meinen Wunsch erfüllt, ob Epressung oder Konsequenz.

 

3 Unterschiede

  • Vorheriger Benachteiligung (ja vs. nein): Erpressung braucht eine vorherige Benachteiligung der anderen Person: Ich nehme dir z.B. dein Handy weg, was dir gehört und gebe es dir nur zurück, wenn du mir etwas für mich Günstiges tut, z. B. 10 Euro. Mit anderen Worten: Das für mich Günstige (10 Euro) tritt nur ein, nachdem ich dir etwas für dich Günstiges weggenommen habe (dein Handy). Konsequenz kommt ohne vorherige Benachteiligung des Anderen aus. Als Beispiel: Ich will nicht, dass mein Chef mich anschreit. Ich bitte ihn, es zu unterlassen. Wenn er sich entscheidet es doch zu tun, muss er in Kauf nehmen, dass ich dann kündige (was ich auch ankündigen könnte, ganz ohne Erpessung). Der Unterscheid zur Erpressung: Der Wunsch, nicht angeschrieen zu werden, bedeutet im Kern keine Benachteiligung des Anderen, sondern ein Sicherstellen der eigenen, unverhandelbaren Bedürfnisse. In diesem Fall: Selbstwertgefühl, Sicherheit, Wertschätzung etc.

  • Ego vs. Integrität: Erpressung ist im Zusammenhang mit "Ego" zu sehen: Ich verschaffe mir Vorteile auf Kosten meines Gegenübers. Mein Gegenüber wird zum Erfüllungsgehilfen meiner Bedürfnisse - ich instrumentalisiere ihn. Konsequenz ist hingegen im Zusammenhang mit "Integrität" zu sehen. Ich stehe ein für meine (Kern-)Bedürfnisse und bin bereit, einen Preis zu zahlen (z. B. zu kündigen) und dem anderen die Chance zu geben, auch einen Preis zu bezahlen, dass ich bleibe (in unserem Fall: nicht mehr zu schreien). Epressung ist somit eher machtorientiert, Konsequenz eher partnerschaftlich.

  • Dimension der Wahlmöglichkeit: Bei der Erpressung hat der Erpresste häufig keine bzw. kaum eine Wahl (wer will schon auf sein Handy verzichten). Bei der Konsequenz hat der mit der Konsequenz Konfrontierte deutlich mehr Wahlmöglichkeiten - Weiterschreien und Kündigung erhalten oder Nicht-Mehr-Schreien und keine Kündigung).


Transferanregungen

  • Erpresse nicht, sondern konsequentiere. Veröffentliche dabei dein (Kern-)Bedürfnis, damit dein Gegenüber erfährt, warum du entschlossen bist. Gib ihm eine ernsthafte Wahl auf Augenhöhe. 
  • Lass dich, so gut es geht, nicht erpressen und denke grundsätzlich darüber nach, ob du dich weiter in der Nähe von Erpresser*innen aufhalten musst und willst ...